Shadow-Manager im Unternehmen: Kein Job für Profilneurotiker

peritas hilft mit Shadow-Managern Firmen aus der Klemme. Peter Riedel ist einer davon, als Manager im Hintergrund begleitet er Geschäftsführer und assistiert bei wichtigen Entscheidungen. Er sieht sich als erfahrener Partner auf Augenhöhe und keinesfalls als Konkurrent, der am Stuhl des CEO sägt. Profilneurotiker seien für den Job völlig ungeeignet.

Von Dr. Michaela Wurm, Redakteurin CRN / Veröffentlicht in der Computer Reseller News (CRN) am 14.12.2018

CRN: Herr Riedel, Sie bezeichnen sich als »Shadow-Manager«. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Peter H. Riedel: Der Shadow-Manager ist ein Manager, der im Hintergrund agiert. Shadow bedeutet Schatten und in manchen Mandaten agiere ich auch so, quasi als Schatten eines Geschäftsführers oder CEO. Wie ein Schatten begleite ich meinen Kunden bei wichtigen Verhandlungen und agiere als Erfahrungsträger mit Ratschlägen und Hinweisen. Dabei stehen weniger Branchenerfahrungen als generelle Führungs- und Verhandlungserfahrungen im Vordergrund. Als Querdenker hinterfrage ich auch scheinbar ‚normale‘ Sachverhalte, kompensiere die typische Betriebsblindheit und bringe für den Entscheider häufig einen neuen Blickwinkel ein.

CRN: Für welche Einsätze brauchen Unternehmen denn einen Shadow-Manager? Vielleicht erläutern Sie das mal an einem Beispielsszenario.

Riedel: Das Betätigungsfeld eines Shadow Managers ist vielfältig. Die Dauer eines Einsatzes hängt vom Projekt ab. Manchmal werde ich ‚nur‘ als neutrale Partei in festgefahrenen Verhandlungen hinzugezogen. Zum Beispiel bei der Einführung von ERP-Systemen. Bei diesen komplexen Projekten sind die Fronten häufig nach einer Phase der Ernüchterung verhärtet. Ich bringe beide Parteien an einen Tisch, sorge für Klarheit und finde einen fairen, tragbaren Kompromiss. Ich übernehme für meinen Kunden dann die Rolle eines im Rahmen der Business-Fairness neutralen Moderators, der seine Kunden im Vorfeld und Nachgang der Verhandlungen unterstützt. Das spart dem Kunden Geld und vermeidet die für beide Parteien unerwünschten Rechtsstreitigkeiten. Ich agiere weitgehend neutral, nehme die Emotionen raus und trage generell zu einer Versachlichung in strittigen Situationen bei. In einigen Fällen ist mein Einsatz von längerer Dauer. Wenn zum Beispiel jemand unerwartet die Rolle des Geschäftsführers übernehmen muss und damit noch wenig Erfahrung hat, etwa in unerwarteten Nachfolge-Situationen oder bei Todesfällen. Dann bin ich der Mann an seiner Seite, bleibe aber stets unauffällig ohne eigene Aktion vor Dritten. Ich agiere im Hintergrund, beobachte und gebe der Führungsperson in Vier-Augen Gesprächen Tipps und Hilfestellung. Ich arbeite mit dem Auftraggeber auf Augenhöhe und bin 100 Prozent loyal. Ich helfe ihm in die neue Rolle reinzuwachsen und sich zu entwickeln. Der Mandant bleibt dabei in der Verantwortung.

Persönlicher Sparringpartner für den CEO

CRN: In manchen Szenarien kommt ein Shadow Manager als Berater des CEO zum Einsatz, etwa um ein Unternehmen aus der Krise zu führen. Birgt so eine Konstellation nicht auch erhebliches Konfliktpotenzial?

Riedel: Das ist sicher eine Herausforderung, da viele Führungspersonen selbst sehr dominant sind und aufgrund des typischen Hierarchiedenkens niemanden neben sich akzeptieren. Neben meiner von Anfang an geklärten Rolle hilft hier vor allem Einfühlungsvermögen beim Aufbau einer persönlichen Beziehung. Ich agiere nicht als ein Konkurrent, sondern als erfahrener Partner auf Augenhöhe. In mir hat der CEO jemanden, der nicht an seinem Stuhl sägt - weshalb er sich offen austauschen kann, quasi seinen persönlichen Sparringspartner.
Gerade in kritischen Zeiten herrscht oft in der Führungsmannschaft starkes Misstrauen, jeder sucht seine eigene Absicherung, keiner traut dem Anderen. Wenn Unternehmen in Schieflage geraten, herrscht eine Art Ausnahmezustand. Die Mitarbeiter sind misstrauisch und ängstlich. Das Vertrauen in das Unternehmen geht oft verloren oder wird brüchig, in der Führung wird nach Schuldigen und nicht nach Lösungen gesucht. Für einen CEO ist es eine große Herausforderung, in diesem Umfeld einen kühlen Kopf zu behalten und sachliche Entscheidungen zu treffen.
Ich agiere in solchen Fällen neutral und nehme die Emotionen raus. Auch hier hilft mir der unverstellte Blick von außen dabei, als Querdenker aus einem anderen Blickwinkel auf die Herausforderungen zu blicken und alternative Lösungsansätze zu abstrahieren. Ich unterstütze den CEO mit meiner Erfahrung und helfe ihm, im engen Austausch neue Lösungen zu entwickeln, die richtigen Entscheidungen zu treffen und – vor allem - souverän zu agieren beziehungsweise zu kommunizieren.

CRN: Was passiert, wenn sich der Shadow-Manager als der bessere Manager entpuppt?

Riedel: Das kann nicht passieren, denn wir stehen in keinem Wettbewerb und meine Rolle ist eine völlig andere als die der ‚beschatteten‘ Führungskraft. Ich trete ja nicht mit der Absicht an, dauerhaft eine Position zu übernehmen. Es ist allen Beteiligten wie auch sonstigen Stakeholdern – Gesellschafter, Banken, Belegschaft, Lieferanten – von Anfang an klar, dass ich nur solange an Bord bin, bis mein Auftrag erfüllt und das Ziel erreicht ist.

CRN: Welche Erfahrungen und Eigenschaften muss ein Shadow-Manager mitbringen?

Riedel: Um möglichst professionell zu agieren und den verschiedenen Herausforderungen gewachsen zu sein, ist es wesentlich, wenn ein Shadow Manager für viele unterschiedliche Branchen auf Konzern- und Mittelstandsebene gearbeitet hat. Die Bandbreite dieser unterschiedlichen Branchen-Erfahrungen gepaart mit Menschenkenntnis und Empathie sind unabdingbar. Darüber hinaus ist es sehr hilfreich, wenn man mit Zahlen umgehen kann und Verständnis für die Mechanismen von Markt und Vertrieb hat.
Mir persönlich kommen außerdem mein Ingenieursstudium und eine hohe Affinität für jede Art von Technik zugute. Ein Shadow Manager mit Wurzeln in der IT-Industrie bringt außerdem ein gutes Verständnis für Strukturen und Prozesse mit. Er muss in der Lage sein, Erfahrungen von einer auf die andere Branche zu abstrahieren. Er bringt frisches Denken rein und hinterfragt bestehende Sachverhalte auch dann, wenn sie aus der geübten Praxis selbstverständlich erscheinen.

Gesundes Selbstbewusstsein

CRN: Welche Typen sind für den Job eines Shadow-Managers komplett ungeeignet?

Riedel: Diese Tätigkeit erfordert ein hohes Maß an Verantwortung auf sachlicher, wie auch menschlicher Ebene. Man sollte Spaß daran haben, sich immer wieder auf Neues einzulassen und bereit sein, sich schwierigen Situationen zu stellen. Das ist sicher kein Job für Menschen, die geregelte Arbeitszeiten, -anweisungen und -abläufe brauchen.
Da ein Shadow Manager per Definition im Schatten eines Anderen steht ist es unbedingt erforderlich, selbst über ein gesundes Selbstbewusstsein zu verfügen und frei von jeglichen Profil-Neurosen zu sein. Wer selbst gerne im Mittelpunkt steht, sollte sich für eine andere Tätigkeit entscheiden.

CRN: Haben Sie den Eindruck, dass in Zukunft mehr Shadow-Manager gefragt sein werden? 

Riedel: Der zunehmende Mangel an Fach- und Führungskräften bringt es mit sich, dass neue, alternative Methoden für die Entwicklung von jungen Führungskräften entstehen. Der Shadow Manager bringt mit seiner Erfahrung älterer Generationen die ideale Ergänzung auf der oberen Ebene der Unternehmensführung für eine konsequente Heranführung jüngerer Generationen an die Führungsverantwortung.
Noch ist es in Deutschland eine Ausnahme-Erscheinung und auch wir benennen diese Aufgabenstellung in unseren Mandaten nicht unbedingt so. In den USA dagegen hat sich der Begriff des Shadow Management bereits in verschiedenen Bereichen etabliert. Gerade die Startup-Kultur dort unterstützt diese Bewegung. Investoren investieren in Menschen – weniger in Ideen und im Zuge einer schnellen Skalierung ist die Erfahrung älterer Generationen durchaus notwendig.
Ich denke auch in Deutschland werden immer mehr Unternehmen den Vorteil einer interimistischen Zusammenarbeit mit einem Shadow Manager erkennen, ob man ihn so nennt oder andere Begriffe findet, wird sich zeigen. Letztendlich hat ein Unternehmen nur Vorteile. Es spart langfristig viel Geld und bekommt effiziente Unterstützung genau da und zu dem Zeitpunkt, wo sie gebraucht wird.

CRN: Wie kommt man auf die Idee, sich als Shadow-Manager zu betätigen. Haben Sie in früheren Tätigkeiten die Erfahrung gemacht, dass viele Unternehmen hier Bedarf haben oder dass der Bedarf künftig stark zunehmen wird?

Riedel: Ich bin seit 2002 als Interims Manager in den verschiedensten Unternehmen und Branchen tätig. Ich habe viele Unternehmen durch Wandel- und Krisensituationen operativ begleitet, viel erlebt und Erfahrungen gesammelt. Ich bin quasi feuerverzinkt und auf alles vorbereitet. In den letzten zwei, drei Jahren bekommen wir verstärkt Anfragen. Der Bedarf ist also definitiv vorhanden und wird mit zunehmender Bekanntheit dieser Dienstleistung weiter wachsen – wie auch das Angebot. Wir sind da schon gut aufgestellt, wir haben einige fähige Manager in unserem Team, die über die notwendige Souveränität und Erfahrung verfügen, um diese schwierige Rolle gut auszufüllen. 

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